Das Künstlerpaar Teresa Hubbard und Alexander Birchler interessiert sich seit Beginn seiner Zusammenarbeit in seinen skulpturalen, fotografischen und filmischen Werken für eine erzählerische Dimension der Kunst. Diese Erzählungen bleiben jedoch zumeist fragmentarisch und sind in der Schwebe angelegt, ähnlich den fallenden Gegenständen in der mehrteiligen Fotoserie «Falling Down» (1996). Entgleitende Geldscheine, Damenschuhe, eine Kaffeetasse oder etwa ein Buch sind zunächst Zeugnisse des Kontrollverlustes ihrer männlichen oder weiblichen Protagonisten. Gewissermassen in Zeitlupe wird hier Henri Cartier-Bressons «entscheidender Augenblick», der fotografisch etwas festzuhalten imstande ist, das dem Auge üblicherweise verborgen bleibt, in aufwendiger Regiearbeit zum Mythos erklärt. Hubbard / Birchlers Inszenierungen sind in erster Linie analog gebaute Bilder für die Kamera, welche spezifische Minidramen evozieren – wie beispielsweise der dem Greyhound-Bus entstiegene junge Mann, der mit Sack und Pack ein neues Leben zu beginnen scheint – und sich in einer explizit kinematografischen Sprache präsentieren.
Hubbard / Birchlers Interesse an einer affirmativen popkulturellen Bildsprache findet sich ebenso in der darauffolgenden grossformatigen Fotoserie «Stripping» (1998) wieder, in der wir die Protagonistin in einem privaten und ambivalenten Moment zu beobachten scheinen. Die Künstlichkeit des Filmsets sowie die vertikale und horizontale Bildgliederung aktivieren unweigerlich das Illusionspotenzial des Kinos respektive dasjenige des bewegten Bildes. So erstaunt es wenig, dass das Künstlerpaar kurz darauf mit den «Filmstills» (2002) Kinofassaden in den Fokus gerückt und sich Video- und Filmprojekten zugewandt hat.
Hubbard / Birchler haben dabei weder ihre Bildsprache geändert, noch haben sie ihre künstlerische Praxis der Inszenierung aus den Augen verloren. Ihre Arbeiten, seien dies Fotografien oder filmische Werke, erkundeten vielmehr von Anfang an auf analytische Art und Weise die Grenzen ihres jeweiligen Mediums. Das Künstlerpaar war stets von den Rändern der Fotografie fasziniert, von der Unschärfe des Mediums, welches von sich aus Bedeutung produziert und ein erzählerisches Moment hervorbringt, ähnlich den schwebenden Gegenständen in «Falling Down». In diesem Sinne potenzieren Hubbard / Birchler die Suggestivität ihrer kinematografischen Sprache durch die Eigengesetzlichkeit des Mediums und schaffen hierdurch geheimnisvolle und poetische Bilder.
Philipp Kaiser
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