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Künstler von A-Z Saskia Olde Wolbers

*1971

  • Placebo (2002)
    Placebo
    Künstlerin / Künstler: Saskia Olde Wolbers Datierung: 2002 Typ: Fotografie Material: C-Print auf Kodak-Fotopapier Masse: 63,1 x 60,1 cm Zugangsdatum/Ankaufsdatum: 2004 Inventarnummer: 0905 Copyrighthinweis: © Saskia Olde Wolbers; Fotos: Courtesy Künstlerin und Stigter van Doesburg
  • Interloper [Eindringling] (2004)
    Interloper [Eindringling]
    Künstlerin / Künstler: Saskia Olde Wolbers Datierung: 2004 Typ: Fotografie Material: C-Print auf Kodak-Fotopapier Masse: 60,6 x 78 cm Zugangsdatum/Ankaufsdatum: 2004 Inventarnummer: 0906 Copyrighthinweis: © Saskia Olde Wolbers; Fotos: Courtesy Künstlerin und Stigter van Doesburg
Trägerin des Baloise Kunst-Preises 2003.

Ein Placebo ist ein Medikament, das keine Arzneistoffe enthält, das bei Patienten aber einen Heileffekt haben kann, weil sie an seine vermeintliche Wirksamkeit glauben. Der Einsatz von Placebos ist wichtig für medizinische Tests, aber er basiert letztlich auf einer Täuschung, wenn auch mit positivem Effekt.

Auch Bilder können manchmal trügerisch sein, Worte ebenso. Davon erzählt Saskia Olde Wolbers Video «Placebo» aus dem Jahr 2002, aus dem dieses Standbild stammt. Stellen Sie sich vor, Sie erwachen nach einer Narkose auf der Intensivstation. Langsam kehrt die Realität vor Ihren Augen zurück. Aber was ist passiert? Was ist real? Wer ist der Mensch, der an Ihrem Krankenbett steht?

«Placebo» zeigt Bilder, die an eine menschenleere Intensivstation eines Spitals erinnern. Alles ist weiss. Die Krankenbetten, Operationslampen, mobilen Wände, alles verflüssigt sich zu Tropfen und molekularen Strukturen, wie Erinnerungen, die nicht zu greifen sind. Dazu erzählt eine weibliche Stimme aus dem Off ihre Geschichte. Sie ist die Geliebte eines verheirateten Mannes, der vorgab, ein Chirurg zu sein. Nun erwacht sie nach einem Autounfall, den ihr Geliebter arrangierte, aus der Bewusstlosigkeit. Doch stimmt ihre Erzählung wirklich? Bringt sie nicht alles durcheinander – den Arzt, den Unfall –, wie das manchmal nach einer Narkose geschieht? Ist sie in Hirngespinsten gefangen oder lügt sie bewusst?

Die Bilder zeigen ein Spital-Setting, das an einen Science-Fiction-Film erinnert. Die Aufnahmen illustrieren das beschriebene Geschehen jedoch nicht. Sie schaffen stattdessen eine Atmosphäre der Ungreifbarkeit – der Verflüssigung der Realität. Elektrosounds unterstützen die irreale Stimmung.

Die erzählte Geschichte handelt von Täuschung oder Selbsttäuschung, aber auch die gezeigten Bilder, die in einem Zusammenhang stehen, sind trügerisch. Man könnte denken, das Video sei eine am Computer geschaffene Simulation. Doch basiert es auf reinstem Handwerk. Die niederländische Künstlerin hat alle Objekte als Minifilmset nachgebaut, bemalt und sie unter Wasser in Realzeit gefilmt.

Nicht zuletzt ist «Placebo» wie jedes gelungene Kunstwerk trügerisch. Es schafft eine fiktive Welt: Durch die Bilder und die Stimme werden wir hineingezogen in ein Geschehen und lassen uns dazu gerne verführen. «Willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit» nannte der romantische Dichter und Philosoph Samuel Taylor Coleridge bereits vor zweihundert Jahren die Bereitschaft, sich beim Lesen eines Buches oder Betrachten eines Bildes intensiv auf eine von Künstlern geschaffene Welt einzulassen.

Dora Imhof