Pia Fries hat in den späten 1970er Jahren in Luzern Bildhauerei studiert. Zu Beginn der 1980er Jahre wechselte sie an die Düsseldorfer Kunstakademie, wo sie sich als Meisterschülerin von Gerhard Richter der Malerei zugewandte. Fries erweist sich seit den 1990er Jahren mit ihren Bildern als eine Art Maler-Bildhauerin, die auf ganz ungewöhnliche Weise mit Farbe als Werkstoff umzugehen weiss. Sie trägt die Farbmassen mit teilweise selber angefertigten Instrumenten auf die weisse Bildfläche auf; sie knetet und zerlegt, schichtet und vermengt die Farbmaterie zu Wülsten und Kratern, Placken und Schlieren. Der Gegensatz zwischen den dick aufgetragenen Farbmassen und der dazwischen leuchtend weiss aufscheinenden Bildfläche bewirkt einen Art Repoussoir-Effekt, der die Malschicht in ihrer reliefartigen Körperhaftigkeit kraftvoll und sinnlich hervortreten lässt. Der weisse, leere Bildgrund kann aber auch als eine Art Bühne verstanden werden, auf der die energievollen Farbkörper einen oftmals erotisch aufgeladenen Tanz aufführen. Bei diesem „materialistischen“ Bildkonzept kommt dem Zufälligen und Unerwarteten eine konstitutive Bedeutung zu.



Pia Fries gerne mit trompe-l’oeil-artigen Elementen (als Bildgrund Siebdrucke fotografischer Abbildungen eigener und fremder Arbeiten). Sie generiert damit einen „Verfremdungseffekt“, der auf das labile Gleichgewicht zwischen Faktizität und Täuschung, Einmaligkeit und Surrogat, Ganzheit und Zerfallenheit in ihren Bildern hinweist.



Martin Schwander