Petra Mrzyk und Jean-François Moriceau bilden seit 1998 ein Künstlerduo, das an seiner comichaft klaren Linienführung auf dem Papier, auf Wandflächen oder in Animationsfilmen leicht zu erkennen ist. Seit ihrer ersten Begegnung im Musée des Beaux-Arts in Quimper haben Mrzyk & Moriceau einen zeichnerischen Ansatz für vier Hände entwickelt, der sich als äusserst fruchtbar erweist und dem ein Werk entspringt, das sich durch einen präzisen Strich und eine spielerische Erkundung von Formen und Motiven auszeichnet. Parallel dazu hat sich das Duo wiederholt auf die Zusammenarbeit mit Künstlern aus der Musikbranche eingelassen und Videoclips für Philippe Katerine, Air oder auch Sébastien Tellier realisiert.
Mrzyk & Moriceau zeichnen intuitiv, sodass die sich aneinanderreihenden Motive augenzwinkernd aufeinander Bezug nehmen, wobei der Humor oft etwas schwarz anmutet. In ihren Zeichnungen greifen die beiden Künstler gerne auf Sujets aus der Populärkultur zurück – so begegnet man Tintin (Tim aus «Tim und Struppi»), aber auch Ikonen aus dem Film oder der Kunstgeschichte, vereinzelt sogar Logos aus der Werbung –, die sie aus ihrem ursprünglichen Kontext lösen, transponieren und in einen neuen Sinnzusammenhang setzen. So eröffnen sie die Möglichkeit, aus dem Alltag vertraute Formen und Bilder immer wieder wie neu zu betrachten, wobei die jeweiligen Sujets und Motive wie Worte behandelt werden, deren Vieldeutigkeit und Klangvielfalt es aufzuzeigen gilt. Dabei versuchen Mrzyk & Moriceau diese unmittelbar auftretenden Sinneffekte mit grösstmöglicher Sparsamkeit der Mittel zu erreichen: Die formal sehr summarisch wirkenden Schwarz-Weiss-Zeichnungen lösen sich vom weissen Blatt wie von der Wand eines White Cube und sind stets Gegenstand einer wohlüberlegten grafischen Inszenierung. Der Strich ist bewusst wenig expressiv, die Figuren tragen lediglich gattungsspezifische Merkmale und sind nur hinsichtlich ihres allgemeinen Charakters interessant (ein Mädchen, ein Junge, ein Kind, ein Erwachsener, und so weiter).
Als wirklich eigenständige Persönlichkeiten treten im Werk des Künstlerpaares Stift und Papier in Erscheinung; sie stehen auch regelmässig im Mittelpunkt der jeweiligen Aussage und geben den Künstlern die Möglichkeit, ihre Arbeit ein Stück weit selbstironisch zu kommentieren. In jedem Fall ist das Blatt ein Ort, den es immer weiter zu erforschen gilt. In einer expliziten Mise en abyme zeigt eine Zeichnung aus der Sammlung die Zeichenstifte als Personen, die bereit sind, auf Nimmerwiedersehen in ein Buch einzugehen, das sie mit offenen Armen empfängt. An anderer Stelle wird eine Ansammlung von Seiten zum Vorwand für einen wellenförmig wogenden Strich oder eigentliche Wellenspiele. Oder aber auf dem Blatt ist ein Stift zu sehen, der eine Linie zieht, und gleich dahinter ein Radiergummi, das sie wieder auslöscht, gleichsam ein absurder Schwank, der die Flüchtigkeit der künstlerischen Geste ins Bild rückt.
Als allgemein zugängliche Universalsprache dient die Zeichnung Mrzyk & Moriceau in erster Linie dazu, einen poetisch-liebevollen Blick auf unsere Kultur zu werfen. So schaffen die beiden eine Pop-Art-Variante des 21. Jahrhunderts, deren mit klarer Linie gezeichnete archetypische Figuren die schöpferische Geste humorvoll ins Leere laufen lassen, zugunsten einer Kunst, die mit unserem Alltag in Kontakt steht.
Julie Enckell Julliard
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