Trägerin des Baloise Kunst-Preises 2004.
Aleksandra Mir gab 2004 auf der Art Basel Einblick in ihr Projekt «The Big Umbrella». Die mehrteilige Rauminstallation, die von Humor und Melancholie geprägt war, veranlasste die Jury des Baloise Kunst-Preises, die Künstlerin mit einem der beiden Preise auszuzeichnen.
Zentrales Element des «Big Umbrella»-Projekts ist ein schwarzer Herrenregenschirm. Unter den grössten im Handel erhältlichen Regenschirmen haben vier Personen Platz. Mirs Regenschirm ist mehr als doppelt so gross und soll bis zu 16 Personen Schutz bieten. Er wurde von Fachleuten in aufwendiger Handarbeit konstruiert. Das Resultat ist ein funktionstüchtiger Schirm, der wie alle anderen Herrenregenschirme aussieht. Seine Übergrösse macht ihn jedoch je nach Situation zu einem Objekt der Bewunderung oder des Erstaunens.
Die Künstlerin ist mit dem Regenschirm an sechs Orten spazieren gegangen, erstmals im November 2003 in Paris, «wo es häufig regnet»(1). Im Jahr darauf folgten Aufenthalte in London, Dresden und Kopenhagen, auf Martinique und in New York. Die Fotografien dokumentieren jede dieser performativen Stadterkundungen.
«The Big Umbrella» funktionierte an den von der Künstlerin ausgewählten Orten als Katalysator «zur Prüfung, wie die Elemente Wetter und Gemeinschaft ineinandergreifen und sich voneinander abheben»(2). Der Regenschirm ist ein skulpturales Performance-Requisit und ein funktionaler Alltagsgegenstand, zu dem jedermann eine selbstverständliche Beziehung hat. Sein Massstab verändert jedoch diese Beziehung, sodass das Vertraute fantastisch wird und das Fantastische das Vertraute in einem neuen Licht erscheinen lässt.
Rückblickend zieht Mir folgende Bilanz: «The Big Umbrella war so konstruiert, dass er bis zu 16 Personen Schutz vor dem Regen bot. Er war ein heiteres, schlicht idyllisches Gebilde, aber mochten sich 16 Leute so dicht zusammendrängen, um nicht nass zu werden? Hat schlechtes Wetter an unterschiedlichen Orten auf der Welt eine andere Wirkung auf die Leute? Um dies herauszufinden, nahm ich meinen grossen Schirm zwischen 2003 und 2004 mit auf die Reise und besuchte sechs Städte in ebenso vielen Ländern. Mit einem an sich vertrauten Objekt von unheimlicher Grösse durch die Welt zu reisen, kann überraschende Wirkungen hervorrufen. Während The Big Umbrella sich durchaus als nützlich erwies, um verirrte Bälle von Bäumen herunter zu angeln, liess seine unhandliche Grösse die ursprünglich altruistischen Absichten auf belebten Strassen zum Störfaktor werden. Als Zufluchtsort brachte er Fremde vorübergehend zusammen, auch wenn er andere abschreckte und in besonders hervorstechenden Momenten schlicht die Einsamkeit seiner Trägerin verstärkte.»(3)
Martin Schwander
(1) www.aleksandramir.info/projects/bigumbrella/ bigumbrella.html (16. August 2006).
(2) «[…] to inspect how the elements of weather and community interact with each
other and differ». Ebd.
(3) «The Big Umbrella, was designed to shield up to 16 people from the rain. It was a cheerful and simply idyllic structure, but did 16 people want to crowd together to avoid getting wet? Does bad weather affect people differently in different parts of the world? To find out, I took my big umbrella on the road between 2003–2004, visiting 6 cities in as many countries. Traveling the world with a familiar object of uncanny proportions can have some unexpected effects. While The Big Umbrella proved useful as a tool for plucking down stray balls from trees, its unwieldy size on busy streets turned altruistic motives into harassment. Providing a shelter, it brought some strangers momentarily together, while alienating others, and in its most salient moments, simply amplified the solitude of the bearer.» https://www.aleksandramir.info/projects/the-big-umbrella/ (18. September 2019).
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