Alain Huck hat die beiden bildhaften Zeichnungen «Affection» und «Le souffle» im Sommer 2010 für seine Ausstellung im Kunstforum Baloise geschaffen. Die Zeichnungen verbinden dasselbe Format und dieselbe Technik. In der Motivwahl und im Zeichnungsduktus teilen sie ebenfalls Gemeinsamkeiten. Beiden Arbeiten liegen fotografische Vorlagen zugrunde, die der Künstler in wochenlanger minutiöser Arbeit mit Kohlestiften ins Medium Zeichnung übertragen hat. «Affection» stellt die spektakuläre panoramaartige Schlussszene aus Werner Herzogs Film Aguirre. Der Zorn Gottes (1972) dar. Für «Le souffle» griff Huck auf eine eigene Fotografie von einem banalen, unscheinbaren Ort in der Umgebung von Lausanne zurück. Die Zeichnung führt die Betrachterinnen und Betrachter auf einen «Holzweg». Diese sehen sich in einem dichten Gestrüpp, das die Orientierung erschwert, mit einer fremdartigen, undurchdringlichen Realität konfrontiert, die Geheimnisvolles, aber auch Unheimliches erahnen lässt.
Das Unheimliche und Befremdliche ist jedoch auch in die Zeichnungen selbst eingeschrieben. Aus der Entfernung ist die «fotorealistische» Präzision in der Wiedergabe der Bildausschnitte von verblüffender Wirkung. Aus der Nähe betrachtet, lösen sich jedoch beide Zeichnungen in ein dichtes, formloses Geflecht auf. Dieses ist das Ergebnis rascher, impulsiver Eingriffe, mit denen der Künstler die vollendeten Zeichnungen teilweise «zerstört». Huck verwischte mit dem Handballen, den Fingern oder dem Oberarm grössere Partien und zerstörte damit die feine, abbildhafte Qualität seiner Zeichnungen. Die an der Papieroberfläche haftende Kohle kehrt in ihren ursprünglichen staubartigen Zustand zurück. Wie ein melancholischer Schleier legt sich der Kohlestaub über die beiden Bilder, die zugleich auch Sinnbilder der Naturelemente sind: «Affection» steht für das Feuer, «Le souffle» für die Luft.
Martin Schwander
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