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Untitled (Pöhla) (2017) -
277569 (2012) -
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Bitterkraut aus: Falsche Kamille, Wilde Möhre, Bitterkraut (Zyklus 2) (2017) -
Bitterkraut aus: Falsche Kamille, Wilde Möhre, Bitterkraut (Zyklus 2) (2017) -
Bitterkraut aus: Falsche Kamille, Wilde Möhre, Bitterkraut (Zyklus 2) (2017)
Susanne Kriemann hat für ihre Ausstellung im Kunstforum Baloise 2017 eine Folge von Heliogravüren geschaffen, auf denen Pflanzen und Kräuter zu sehen sind. Die deutsche Künstlerin verbindet in diesen Blättern die künstlerische mit einer naturwissenschaftlichen Herangehensweise. Feldforschungen führten Kriemann in den letzten Jahren nach Schlema (Erzgebirgskreis in Sachsen), wo man von 1946 bis 1991 das hoch radioaktive Mineral Pechblende (Uraninit) abgebaut und damit während der DDR-Zeit wesentlich zur atomaren Aufrüstung der UdSSR beigetragen hat.
In einem gross angelegten Programm soll die Gegend um Schlema bis 2045 renaturiert werden. Zu diesem Zweck untersuchen Naturwissenschaftler auf dortigen Testfeldern Pflanzen und Kräuter und forschen dabei unter anderem zu deren Wachstum auf den Folgelandschaftsböden und deren Akkumulation von Radioaktivität.
Kriemann fotografierte über einen längeren Zeitraum die auf einem der kontaminierten Testgelände angesiedelten Pflanzen und Kräuter und dokumentiert damit spezifische Zeitpunkte des Renaturierungsprozesses. Gleichzeitig bilden die Fotografien die Grundlage für die Heliogravüren, eine fotografische Drucktechnik, die insbesondere im späten 19. Jahrhundert Verwendung fand. Das aufwendige Tiefdruckverfahren ermöglicht eine sehr feine Abstufung von Farbwerten und stellt eine Verbindung von handwerklicher Drucktechnik und fotografischem Reproduktionsverfahren dar.
Kriemann schafft auf diese Weise Bilder von gleichsam verwunschenen, der Zeit entrückten Orten, obwohl die Fotografien, die als Druckvorlagen dienen, in der Jetztzeit entstanden sind. Sie steigert die Ambivalenz ihrer Bildkonstruktion, indem sie jede Druckplatte mit den uranhaltigen Pigmenten einer der auf den Bildern dargestellten Pflanzen und Kräuter einzeln einfärbt – Kräuter und Pflanzen, die die Künstlerin zuvor getrocknet und gemahlen und auf diese Weise zu Pigmenten verarbeitet hat. «Die Blumen des Bösen»(1) auf Kriemanns Heliogravüren veranlassen den Betrachter unweigerlich, über das zwiespältige Verhältnis des Menschen zur Natur nachzudenken.
Martin Schwander
(1) Deutscher Titel des Gedichtbands von Charles Baudelaire, Les fleurs du mal, Paris 1857.