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Forever Weak and Ungrateful (2015) -
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Forever Weak and Ungrateful (2015)
Träger des Baloise Kunst-Preises 2015.
Der französische Künstler Mathieu Kleyebe Abonnenc arbeitet seit 2017 an einer Serie von grossformatigen Farbfotografien mit dem Titel «Vieux-Wacapou». Diese entstehen in Französisch-Guyana, einem Überseedepartement an der Nordostküste Südamerikas, wo der Künstler seine Kindheit verbracht hat. Der Titel der Serie verweist auf einen Ort am Fluss Maroni, der das Ziel von Abonnencs Reisen ins Landesinnere ist. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten sich an diesem von Urwald umgebenen Dorf Einwanderer aus dem englischsprachigen Inselstaat Saint Lucia und den angrenzenden frankofonen Antilleninseln niedergelassen. Die meisten Siedler waren Nachkommen von Menschen aus Afrika, die seit dem 17. Jahrhundert auf den Antillen Sklavenarbeit verrichtet hatten. Wacapou entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte zu einer prosperierenden Ortschaft, die von der Goldwäscherei lebte. Mitte der 1980er-Jahre entschied sich die Mutter des Künstlers, in diesem Weiler das Haus von Joseph Bernes, einem ehemaligen Goldwäscher, zu erwerben. Ein postkolonialer Bürgerkrieg, der im Sommer 1986 im benachbarten Surinam ausbrach, durchkreuzte jedoch ihren Plan, zeitweise mit ihrer Familie in dem Holzhaus auf Pfählen zu leben. Es erwies sich nunmehr als gefährlich, sich in diesem Grenzort aufzuhalten.
Mehr als dreissig Jahre liegen zwischen den kriegerischen Ereignissen in Surinam und Abonnencs Entschluss, nach Wacapou zu reisen. Die Fotoserie «Vieux-Wacapou» dokumentiert die Suche des Künstlers nach dem Ort, den er in seiner Kindheit gekannt hat. Heute liegen die Reste der aufgelassenen Ansiedlung unter einer dichten Vegetationsschicht begraben. Abonnenc musste daher wie ein Archäologe vorgehen, um dem Urwald seine Geheimnisse abzuringen. So wie die Augen sich langsam an Dunkelheit gewöhnen, erkennen sie im Urwald mit der Zeit Hinweise auf das frühere Dorf und seine Geschichte: Stützen der Häuser, Kreuze auf dem Friedhof, Glasflaschen oder die Betontreppe am Landungssteg. Abonnencs Fotografien der Siedlungsreste von Wacapou halten ein reiches und komplexes Amalgam aus europäischer Kolonialgeschichte, Zeit- und Familiengeschichte fest. Gleichzeitig stellen sich Abonnenc bei der Beschäftigung mit der Historie des Hauses seiner Mutter Fragen, die über den unmittelbaren Anlass hinausweisen. Er führt dazu aus: «Wohin ich mich auch wende, ganz besonders in Südamerika, erweisen sich diese Fragen, mit denen ich weiterkommen möchte, als fruchtbar: Wem gehört dieses Land? Von wem haben Sie es erhalten? Wo steht Ihr Haus? Diese drei Angaben bestimmen die Auswahl der Orte, die ich bei meinem Versuch, der brüchigen Erinnerung an dieses Haus bildliche Gestalt zu verleihen, durchforsten möchte.»(1)
Martin Schwander
(1) «Où que je me tourne, d’autant plus en Amérique du Sud, les questions avec lesquelles j’aimerais m’avancer s’avèrent productives: A qui est cette terre? De qui la tenez-vous? Où est votre maison? Ces trois récits orientent la lecture des lieux que j’aimerais traverser pour tenter de donner une image au souvenir fragile de cette maison.» Zit. aus der unveröffentlichten Projektbeschreibung zu Abonnencs Film «Maraudeur», 2017, S. 7.