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The Riddle II (1991) The Riddle II Künstlerin / Künstler: Marlene Dumas Datierung: 1991 Typ: Arbeit auf Papier Material: Kreide, Tinte und Bleistift auf Papier Masse: 39 x 27,9 cm Zugangsdatum/Ankaufsdatum: 1993 Inventarnummer: 0625 Copyrighthinweis: © Marlene Dumas; Fotos: André-Marc Räubig (Inv.-Nr. 0623–0628) -
The Riddle I (1991) The Riddle I Künstlerin / Künstler: Marlene Dumas Datierung: 1991 Typ: Arbeit auf Papier Material: Kreide, Tinte und Bleistift auf Papier Masse: 38,1 x 28,3 cm Zugangsdatum/Ankaufsdatum: 1993 Inventarnummer: 0624 Copyrighthinweis: © Marlene Dumas; Fotos: André-Marc Räubig (Inv.-Nr. 0623–0628) -
Vader + Baby [Vater + Baby] (1992) Vader + Baby [Vater + Baby] Künstlerin / Künstler: Marlene Dumas Datierung: 1992 Typ: Arbeit auf Papier Material: Mischtechnik auf Papier Masse: 31,3 x 44,5 cm Zugangsdatum/Ankaufsdatum: 1993 Inventarnummer: 0628 Copyrighthinweis: © Marlene Dumas; Fotos: André-Marc Räubig (Inv.-Nr. 0623–0628) -
2 Headaches II (1991) 2 Headaches II Künstlerin / Künstler: Marlene Dumas Datierung: 1991 Typ: Arbeit auf Papier Material: Aquarell und Tinte auf Papier Masse: 38,9 x 28,1 cm Zugangsdatum/Ankaufsdatum: 1993 Inventarnummer: 0627 Copyrighthinweis: © Marlene Dumas; Fotos: André-Marc Räubig (Inv.-Nr. 0623–0628) -
2 Headaches I (1991) 2 Headaches I Künstlerin / Künstler: Marlene Dumas Datierung: 1991 Typ: Arbeit auf Papier Material: Aquarell und Tinte auf Papier Masse: 39,2 x 28,3 cm Zugangsdatum/Ankaufsdatum: 1993 Inventarnummer: 0626 Copyrighthinweis: © Marlene Dumas; Fotos: André-Marc Räubig (Inv.-Nr. 0623–0628) -
Bubble (1989) Bubble Künstlerin / Künstler: Marlene Dumas Datierung: 1989 Typ: Arbeit auf Papier Material: Mischtechnik auf Papier Masse: 29,9 x 23,9 cm Zugangsdatum/Ankaufsdatum: 1993 Inventarnummer: 0623 Copyrighthinweis: © Marlene Dumas; Fotos: André-Marc Räubig (Inv.-Nr. 0623–0628)
Die hier zur Diskussion stehenden Arbeiten von Marlene Dumas aus der Zeit um 1990 sind «einfach Zeichnungen». Zwar sind sie unabhängig vom Gedanken an die Übertragung in ein anderes Medium oder eine andere Dimension zu betrachten, doch verglichen mit den umfangreichen Serien von Tuschemalereien oder den grossformatigen Lavuren aus den 1990er-Jahren handelt es sich um Notate, zugleich intensiv und flüchtig, Kanalisierung und Unterbrechung fliessender Gedanken.
Das zeichnerische Medium ist unrein, insofern als Wasserfarbe, Tusche, Kreide, Bleistift und anderes gemeinsam verwendet werden. Vor allem aber ist es unrein, weil Dumas eine gegenständliche Vorstellung mit einer körperlichen, kaum zielgerichteten und nicht bis ins Letzte kontrollierten Praxis der Verteilung von verschiedenen Farben verbindet – «Hand und Kopf in entspannter Partnerschaft»(2). Dumas hat diese Blätter nach der Geburt ihrer Tochter Helena gemalt. Sie gehören zu einem grösseren Komplex von Zeichnungen und Malereien, in denen sie sich mit dem befremdlichen Übergang zwischen dem eigenen Körper und dem Körper des Anderen – «The Next Generation»(3) – beschäftigt.
Die Blätter sehen aus, als seien sie in einem Zustand geistiger Abwesenheit gemalt. Die Malerei ist roh, aber nicht grob, von weder gespielter noch naiver Unbeholfenheit, auf den Punkt gebracht, ohne eindeutig zu sein. Die Zeichnungen verdanken sich einer Suche nach Nähe zu Körpern und Dingen. Diese sind nicht in erster Linie Gegenstände der Darstellung im Sinne bildlicher Repräsentation, sondern vor allem entzündet sich an ihnen das Begehren nach wirklicher Berührung. Ausufernde und verlaufende Farbpfützen ergeben das Bild einer schwangeren Frau, die ihrerseits mit dünnen Armen und Beinen den Körper eines Neugeborenen angenommen hat. Das Neugeborene, kaum identifizierbar mit wenigen Pinselzügen angedeutet, tritt über den Titel mit einem Kopfschmerz in Verbindung. Die eigentümlich gestauchte Figur eines Kind-Erwachsenen, ein zum Käfer sich wandelnder Kinderkörper sind ein Rätsel. Lange hat Dumas keinen nackten Mann gemalt, doch in «Vader + Baby» nimmt er auf dem Wege verwickelter Assoziationen die Stelle der omnipräsenten Muttergottes ein.
Dumas ist in der Lage, mit einfachen Bildern weitreichende Zusammenhänge zu evozieren und dabei allegorische Verallgemeinerungen zu vermeiden. Sie malt fast ausschliesslich Personen; mit isolierten Figuren – Figuren der Isolation – werden grosse Themen verkörpert: Liebe, Erotik, Sexualität, geschlechtliche Identität, Rassismus, Unterdrückung, Trauer, Tod, Kunst – die Felder, auf denen Individuen Verhältnisse des Einzelnen zum Anderen und allgemein Umstände der Subjektformation verhandeln.
Besonders irritierend ist die metaphorische Vergleichbarkeit (oder Unvergleichbarkeit) von künstlerischer Hervorbringung und der Geburt eines Kindes – «einfach Zeichnungen» beziehen sich im Fall der fraglichen Blätter auf die Nachkommenschaft und fordern auf diese Weise die Idee der künstlerischen Schöpfung grundsätzlich heraus.
Ulrich Loock
(1) «I make a distinction between drawings which I regard as autonomous works of art and drawings which are ‹just drawings›.» Marlene Dumas, «The Meaning of Drawing», in: dies., Sweet Nothings. Notes and Texts, hrsg. von Mariska van den Berg, Amsterdam 1998, S. 34 f., hier S. 34.
(2) «Hand and head in relaxed partnership». Ebd.
(3) Marlene Dumas, «The Next Generation», in: ebd., S. 93.