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Lexikonzeichnungen, 4. Serie, Aberglaube. Hexentanz (1996) Lexikonzeichnungen, 4. Serie, Aberglaube. Hexentanz Künstlerin / Künstler: Katharina Fritsch Datierung: 1996 Typ: Arbeit auf Papier Material: Siebdruck auf Papier Masse: 74 x 52 cm Zugangsdatum/Ankaufsdatum: 1999 Inventarnummer: 0782 Copyrighthinweis: © Katharina Fritsch, ProLitteris, Zürich -
Lexikonzeichnungen, 4. Serie, Aberglaube. Geisselerzug (1996) Lexikonzeichnungen, 4. Serie, Aberglaube. Geisselerzug Künstlerin / Künstler: Katharina Fritsch Datierung: 1996 Typ: Arbeit auf Papier Material: Siebdruck auf Papier Masse: 74 x 52 cm Zugangsdatum/Ankaufsdatum: 1999 Inventarnummer: 0781 Copyrighthinweis: © Katharina Fritsch, ProLitteris, Zürich
In Fritschs Siebdrucken fallen die Worte weg, doch die kopierten Szenen behalten den leicht altertümlichen Stil der Illustrationen bei. So bleiben die Figuren auf Umrisslinien reduziert, denn maximale Klarheit und Lesbarkeit der dargestellten Szenen waren das Ziel der Duden-Bilder. Es geht Fritsch hier um die Grundlagen des Zeichnens: «Mir kam es auf diesen Standardtyp von Zeichnung an. Was ist eine Zeichnung? Eine Zeichnung ist für mich erstmal ein weisses Papier mit schwarzen Linien drauf, die irgendetwas darstellen, und das einen Rahmen hat.»(1)
Und tatsächlich wirken die Szenen hier ohne die Begleittexte umso prägnanter, sie scheinen Erklärungen gar nicht zu brauchen. Natürlich ist die nackte junge Frau auf dem Besen eine Hexe, die zum Hexensabbat fliegt. Hexenhaft wirkt auch die ältere Frau, die einer anderen Frau aus der Hand liest. Ein buckliger Kater und ein Totenkopf dürfen im Zimmer ebenfalls nicht fehlen. Der Hexenmeister auf dem anderen Bild hat, um die Wirksamkeit seines Spruchs zu unterstützen, einen magischen Kreis gezogen. Kurz, hier werden Vorstellungen ins Bild gesetzt, die uns seit Kindertagen aus Märchen vertraut sind.
Die Darstellungen erscheinen realistisch, doch sind die Szenen fiktiv und ahistorisch. Auch der Stil der Zeichnungen lässt sich kaum einer historischen Zeit eindeutig zuordnen. Die Sujets wirken mittelalterlich, doch ist es ein romantisches Mittelalter, das im 19. Jahrhundert erfunden wurde. Ein wenig erinnern die Umrisse auch an den Stil und die Mode der frühen 1920er-Jahre, so etwa die schlanken Figuren oder der schicke Schuh der Frau, die bei der Wahrsagerin Rat sucht.
Sowohl in ihrer Form als auch in ihrem Inhalt stehen die Lexikonzeichnungen exemplarisch für zentrale Themen im Schaffen von Fritsch. Die Künstlerin beschäftigt sich mit allgemein bekannten, populären Motiven – Mönchen, Madonnen, Märchenfiguren, aber auch Ratten, Kraken und Hähnen. Motive also, die uns durch Erzählungen und Bilder sowohl vertraut und wiedererkennbar sind, aber auch viele Assoziationen und Emotionen wecken. Das Vertraute trifft dabei oft das Unheimliche. Doch selbst wenn die Figuren durch zahlreiche persönliche und kulturelle Erinnerungen aufgeladen sind, werden sie bei Fritsch immer äusserst unterkühlt und perfekt dargestellt. Oft arbeitet die Künstlerin mit Serien, denn sie interessiert sich auch für die Reproduzierbarkeit von Motiven. Sei es in den Skulpturen, die identisch vervielfältigt werden, oder in den Lexikonzeichnungen, die die Vorstellungswelt von Tausenden kleinen Leserinnen und Lesern prägten.
Dora Imhof
(1) Matthias Winzen im Gespräch mit Katharina Fritsch, in: Katharina Fritsch, Ausst.-Kat. San Francisco Museum of Modern Art; Museum für Gegenwartskunst, Öffentliche Kunstsammlung Basel, Basel 1996, S. 69–85, hier S. 71.
Weitere Werke von Katharina Fritsch in der Kunstsammlung der Baloise:
Inv.-Nr. 0780, Lexikonzeichnungen, 4. Serie, Aberglaube. Geisterbeschwörung, 1996, Siebdruck auf Papier, 74 x 52 cm
Inv.-Nr. 0783, Lexikonzeichnungen, 4. Serie, Aberglaube. Wahrsagerin, 1996, Siebdruck auf Papier, 74 x 52 cm
Inv.-Nr. 0784, Lexikonzeichnungen. Weihnachten, 1996, Siebdruck auf Papier, 64 x 84 cm